Ein Beitrag von
Joschka Dittrich

Zinsen sinken, Märkte auch – warum?

In der vergangenen Woche hat die US-Notenbank FED den Leitzins um 25 Basispunkte gesenkt. Es ist die zweite Reduzierung in Folge, die an den Finanzmärkten auch exakt so erwartet wurde. Dennoch blieb die Euphorie verhalten. Grund dafür sind die begleitenden Worte von Jerome Powell, der betonte, dass eine weitere Zinssenkung im Dezember keineswegs sicher sei. Diese Aussage hat die Anleger vorsichtig gestimmt – viele Marktteilnehmer nutzten die Gelegenheit sogar für Gewinnmitnahmen. Auch die Europäische Zentralbank zeigte sich zurückhaltend und beließ ihren Leitzins unverändert bei 2,00 %. Damit unterstreicht sie, dass sie eine anhaltende Inflationsentwicklung abwarten möchte, bevor sie geldpolitisch nachzieht.

Ich sehe das so: Die Zinssenkung der FED ist grundsätzlich positiv, aber sie kommt in einer Phase, in der die US-Wirtschaft nicht auf festem Fundament steht. Der Arbeitsmarkt zeigt weiterhin Schwächen, einige Indikatoren deuten sogar auf eine Abkühlung hin – und das weiß auch die FED. Die Entscheidung wirkt daher weniger wie ein Signal des Aufbruchs, sondern eher wie eine vorsichtige Unterstützung in einer fragilen Lage. Powells mahnende Worte sind kein Zufall, sondern Ausdruck dieser Unsicherheit.

Für uns als Anleger heißt das: Ja, die sinkenden Zinsen schaffen grundsätzlich Rückenwind – gerade für wachstumsorientierte Sektoren wie Tech oder Krypto. Aber Euphorie ist fehl am Platz. Wenn ein Markt vor allem auf Hoffnung und billiges Geld reagiert, wird er anfällig für Enttäuschungen. Und genau das sehen wir jetzt: Nach der ersten Erleichterung kommt die Phase des Nachdenkens. Die Frage lautet nicht mehr nur, ob die Zinsen sinken, sondern warum sie es tun – und ob das Umfeld das überhaupt rechtfertigt.

Bei Krypto sehen wir ein ähnliches Bild: Günstigeres Geld kann neue Liquidität ins System bringen, aber wenn die Wirtschaft ins Wanken gerät, wird auch dort schnell wieder Kapital abgezogen.

Deshalb bleibe ich wachsam. Ich halte meine langfristigen Positionen, achte aber verstärkt auf fundamentale Stärke. Günstigere Finanzierung ist kein Freifahrtschein, sondern eher ein Anreiz, selektiver zu werden. Die EZB wird vermutlich bald nachziehen, doch das geschieht nicht aus Übermut, sondern aus Notwendigkeit. Das ist ein wichtiger Unterschied.

Für uns Anleger bedeutet das unterm Strich: Chancen sind da – aber sie liegen nicht im Hype, sondern in der sauberen Analyse. Märkte lieben günstiges Geld, aber nur stabile Fundamentaldaten geben ihnen langfristig Halt. Und genau dort sollten wir jetzt hinschauen.